Der Schock des 11. Septembers 2001 machte nicht nur die Verwundbarkeit der westlichen Staats- und Gesellschaftssysteme deutlich, sondern zeigte auch die aktuelle Bedrohung, der die Politik und ihr Militär entgegen treten müssen. Die Marine schuf im Zuge der sicherheitspolitischen Entwicklungen und Diskussionen, die auf den Anschlag in New York folgten, einen einmaligen Verband innerhalb unserer Streitkräfte. Am 3. Juli 2003 wurde die Waffentauchergruppe aufgelöst und der Verband der Spezialisierten Einsatzkräfte Marine aufgestellt. Mit Stabs- und Versorgungselementen, der Kampfschwimmerkompanie, der Minentaucherkompanie, der Boardingkompanie und den damals in Kompaniestärke unterstellten Kräften für spezialisierte Marineoperationen sowie der Ausbildungsinspektion für die lehrgangsgebundene Ausbildung der Kampfschwimmer, Minentaucher und Boardingfunktionspersonal der Fregatten, sowie den vier unterstellten seegehenden Einheiten wurden hier Fähigkeiten zusammengeführt, die für die Auftragserfüllung der Flotte aber auch für die der Streitkräfte einmalig sind.
Die in den 1990-er Jahren noch außergewöhnlichen „Out of Area Einsätze“ der Bundeswehr sind für diesen Verband nun eine Selbstverständlichkeit. Seit Aufstellung bis zur jetzigen Stunde befinden sich immer Soldaten des Verbandes – in Trupp-, Team- und zeitweise in Einsatzgruppenstärke – im Einsatz.
Etwas später als ein Jahr nach Aufstellung dieses Verbandes erfolgte die sich bereits im Frühjahr 2004 abzeichnende Einleitung der Neuausrichtung der Führung der Streitkräfte auf strategischer und operativer Ebene. Durch die politische Leitung und militärische Führung wurde für Einsätze die strikte Trennung von herkömmlichen Kräften und Spezialkräften vorgegeben.
Mit Einrichtung des Referates „Einsatz Spezialkräfte“ im Führungsstab der Streitkräfte im September 2004 sowie der noch bis zum Ende 2004 geschaffenen konzeptionellen Grundlagen wurden diese Vorgaben umgesetzt. Mit der Aufstellung des Kommandos Führung Operationen von Spezialkräften (Kdo FOSK) am 15. März 2005 in Potsdam erfolgte dann die geforderte Schaffung der streitkräfte-gemeinsamen Führung von Einsätzen der Spezialkräfte auf der operativen Ebene. Weiterhin erfolgte die Festlegung innerhalb der Konzeption der Streitkräfte, in der sich die Marine mit den maritimen Spezialkräften, den Kampfschwimmern, beteiligt. Durch die in der Teilkonzeption Einsatz von Spezialkräften vorgegebenen Schwerpunkte werden ihre Verantwortlichkeit für Einsatzaufgaben auf den Gebieten „Retten und Befreien“ sowie maritime Einsätze und seewärtiger Anteil des Einsatzes von Spezialkräften konkretisiert.
Diese Festlegung der Führungsorganisation für den Einsatz von Spezialkräften unter Berücksichtigung der international gültigen Vorgaben beruht auf der MC 437 NATO Special Operations Policy. Ebenfalls berücksichtigt wurden die eingegangenen Verpflichtungen gemäß des NATO Defence Planning Process und European Headline Goal. Das bedeutet für die Spezialkräfte Marine auf nationaler Ebene: die Unterstützung des KSK im maritimen Umfeld, bei Einsatzaufgaben im Rahmen von „Retten und Befreien“ sowie im NATO und EU Rahmen mit den vorgegebenen Bereitschaftsgraden und Durchhaltefähigkeit. Hierdurch werden Umfang, Gliederung und Fähigkeiten vorgegeben ebenso wie die drei Vorgaben, die an eine Spezialeinheit gestellt werden:
a) Special Survellience and Reconissance
b) Direkt Action
c) Military Assistance
und für die Spezialkräfte der Marine unter der Nutzung von See/Luft/Land zur Infiltration und Exfiltration in das Einsatzgebiet.
Das Kommando FOSK schuf den Kampfschwimmern die nötige Führungsstruktur zur Durchführung von Spezialoperationen und ununterbrochener Operationsdurchführung befähigt. Es war das deutsche Pendant zum US Special Operations Command (USSOCOM) und für den Einsatz direkt dem Generalinspekteur unterstellt.
Das Kommando FOSK führte und stellte den Einsatzverbund der Spezialkräfte zusammen. Die zentralen Kräfte dieses Einsatzverbundes waren die Spezialkräfte vom KSK und Kampfschwimmern, die von Kräften zur Unterstützung verstärkt werden. Kräfte zur Unterstützung verfügen über Fähigkeiten und Nischenfähigkeiten, die Spezialkräfte aufbauorganisatorisch nicht besitzen. Erst mit dem Bereitstellen dieser Fähigkeiten durch Kräfte zur direkten taktischen und zur sonstigen Unterstützung wurde, im Sinne von Force enabling und Force multiplying, die beabsichtigte Wirksamkeit der Einsatz-Spezialkräfte erreicht. Die Marine fungierte somit in doppelter Hinsicht als Truppensteller. Zum einem stellte sie Kampfschwimmer als Spezialkräfte bereit, zum andern U-Boote, Flugzeuge, Schiffe, zur direkten taktischen oder sonstigen Unterstützung. Die Forderungen, die Kommando FOSK an die Spezialkräfte stellte, spiegelte sich auch in der Neudefinierung des Auftrages der Kampfschwimmerkompanie wieder.
Spezialkräfte sind gemäß Nato-Doktrin, EU-Policy und nationaler Konzeption für militärische Operationen vorgesehen, die wegen der Besonderheit des Auftrags, der Aufgabenerfüllung und der Bedeutung der Ziele nach anderen Grundsätzen und Verfahren durchgeführt werden müssen als die Einsätze herkömmlicher Kräfte. Übergeordnete Erwägungen können dabei verdeckte Einsatzverfahren und die Akzeptanz hoher Risiken erfordern. Aufgrund der hohen Anforderungen sind diese Kräfte personell besonders sorgfältig ausgewählt, speziell ausgebildet und gegliedert. Sie nutzen spezielle Ausrüstungen für die Aufgabenerfüllung und Auftragsdurchführung in ihren spezifischen Einsatzarten.
Spezialkräfte müssen die folgenden drei Einsatzarten abdecken:
Special Reconnaissance – Spezialaufklärung – Einsätze zur Gewinnung von spezifischen, klar definierten, zeitkritischen sowie gerichtsverwertbaren Informationen mit strategischer und operativer Bedeutung.
Direct Action – Direkter Einsatz – Kollateralschäden vermeidende offensive, zielgerichtete, räumlich und zeitlich eng umschriebene Einsätze, um Personen festzusetzen/zu befreien, Material/Einrichtungen in Besitz zu nehmen oder zu zerstören/beschädigen.
Military Assistance – Unterstützungseinsatz in Aufnahmestaaten – Militärische Einsätze zur mittelbaren oder unmittelbaren Unterstützung und zur Verbesserung der inneren und äußeren Sicherheit und Stabilität von Staaten.
Aufgrund dieses breiten Fähigkeits- und Einsatzspektrums werden Spezialkräfte als Instrument westlicher Sicherheitspolitik mit strategischer Bedeutung international, aber auch in den letzten Jahren innerhalb der bundesrepublikanischen Führung, gesehen. Festzuhalten gilt: Spezialkräfte der Bundeswehr sind auf der taktischen Ebene nur die Einsatzkräfte des KSK – Kommandosoldaten – und die Kampfschwimmer. Als kurios gilt festzuhalten, dass die Kampfschwimmer trotz ihrer Existenz seit 1959 erst 2006 – nach 47 Jahren – offiziell als Spezialkräfte der Bundeswehr anerkannt wurden. Am 01. April 2012 wurde das Kommando FOSK in das Einsatzführungskommando transformiert. Alle aktuellen Operationen werden nun von diesem geführt.
Heute werden durch die Kampfschwimmerkompanie spezifische Fähigkeiten zur Umsetzung der Einsatzverfahren im maritimen Umfeld bereitgehalten. Darüber hinaus sind sie für ausgewählte Einsatzverfahren wie maritime Spezialaufklärung, taktische Unterwasserangriffe und Opposed Boarding (VBSS/Visit Board Search and Seizure) befähigt. Ergänzend zu den Spezialkräften des Heeres stellt im maritimen Umfeld die Durchführung von Operationen zur Geiselbefreiung sowie zum Festsetzen besonders ausgewählter Zielpersonen sicher, indem sie mit auf Schiffen und auf See befindlichen Plattformen die Voraussetzungen für den Einsatz der Einsatzkräfte des KSK schaffen. Sie fungiert somit zusätzlich als amphibisches Bindeglied zwischen Heeres- und Marinekräften. Ihre Einsatzfähigkeit hat die Kompanie, geführt durch Kdo FOSK, mehrfach in den aktuellen Einsätzen wie ATALANTA, Operation Enduring Fredom in Afghanistan oder als Teil der International Security Assistance Force auch fernab vom Meer für die eigenen Kräfte als robuster, operativ sichtbarer oder unsichtbarer Beitrag der Deutschen Marine gezeigt.