Am 2. August 1990 drangen 100.000 irakische Soldaten in Kuwait in ein. Innerhalb weniger Stunden nach der Invasion verabschiedete der UN-Sicherheitsrat die Resolution 660, welche die Invasion verurteilte und den Rückzug der irakischen Truppen verlangte. Am 16. Januar 1991, einen Tag nach dem Stichtag der Resolution 678, die das Ultimatum zum Angriff gegen den Irak bildete, löste das gegen den Aggressor Saddam Hussein geschlossene Bündnis einen massiven Luftschlag aus. Am Abend des 17. Januar begann der landgebundene Teil der Operation Wüstensturm (Operation Desert Storm).
Als deutscher Beitrag wurden Kräfte der Marine (Operation Südflanke), unter ihnen ein Minenabwehrverband, zur Verstärkung der Südflanke der NATO ins Mittelmeer verlegt. Die Entsendung dieser Marineeinheiten gilt als der erste „Out-of-area-Einsatz“ der Bundeswehr. Am 06. März 1991, nach dem Ende der Kampfhandlungen, wurde der Minenabwehrverband schließlich in den persischen Golf entsandt, um zur Minenräumung vor der kuwaitischen Küste eingesetzt zu werden. Mit an Bord der Boote und Schiffe, Soldaten der Kampfschwimmerkompanie. Ihr Auftrag: Schutz des Verbandes sowie von wichtigen Einzelpersonen vor terroristischen Angriffen – im gesamten Einsatzspektrum.
Während die größten Teile der Kompanie im Einsatz gebunden waren, änderte sich ihr Unterstellungsverhältnis in Deutschland, was sich folgenschwer zeigen sollte: Der Verlust des Status „eigenständige Einheit“. Die Reform der Streitkräfte mit dem Weg in eine neue Marinestruktur bewirkte, dass am 2. Oktober 1991 das Seebataillon aufgelöst und die Waffentauchergruppe in Eckernförde aufgestellt wurde. Die Waffentauchergruppe wurde der Flottille der Minenstreitkräfte unterstellt. Sie bestand aus: dem Stabszug, einer massiv verkleinerten Kampfschwimmerkompanie, der Minentaucherkompanie, der neu gegründeten Ausbildungskompanie sowie den Booten Mühlhausen und Langeoog. Die Ausbildungskompanie gliederte sich in: den Kampfschwimmerausbildungszug, den Minentaucherausbildungszug und einem EOD/IEDD-Zug.
1994 sollte eine bis dato in der Flotte stark umstrittene und wenig geförderte Fähigkeit der Kampfschwimmer voll zum Einsatz kommen. Die Kampfhandlungen auf dem ehemaligen Staatsgebiet Jugoslawiens, die infolge der Abspaltung und Unabhängigkeitserklärung Sloweniens und Kroatiens ausgelöst wurden, bewegten die NATO zur Überwachungsaktion SHARP GUARD in der Adria.
Hier waren es die Kampfschwimmer, die den deutschen Beitrag an der MARITIME INTERDICTION FORCE, zur eigentlichen Überprüfung der Contact of Interest (Auffällige Schiffe) befähigten. „Boarding“ wurde nun zu einer dringend erforderlichen Fähigkeit, ohne die eine effektive Seeraumüberwachung nicht zu gewährleisten ist. Zwar konnte die Marine Schiffe stoppen, aber ein Prisenkommando (Boardingteam) bestehend aus bewaffneten Spezialisten, die über die nötigen Zugangsverfahren wie Fast Ropeing, Repelling (Luftlandeeinsatzverfahren) oder Eindringen mit Hilfe von Aufstiegshilfen verfügten, gab es nicht. Diese Fähigkeiten wurden einzig und vorausschauend bei den Kampfschwimmern auch gegen Widerstände ausgebildet und trainiert.
Die Weitsicht, mit der Kampfschwimmer diese Fähigkeit in den 1980er Jahren zur Perfektion brachten, sollte sich schließlich im scharfen Einsatz auszahlen. Dennoch konnte Aufgrund der begrenzten Unterbringungskapazitäten der eingesetzten Fregatten und Zerstörer nie ein ganzes Kampfschwimmereinsatzteam eingeschifft werden. Die Boardingrolle und Einschiffung von externem Personal wurde bei der Planung und Konzeption der Fregatten sowie Zerstörer nicht bedacht, da ein entsprechendes Konzept zu diesem Zeitpunkt nicht existierte. Stattdessen wurde ein Teil der Bordbesatzungen, zumeist Spezialisten für Navigation, Brückendienst und Maschine durch die Kampfschwimmer trainiert. Diese Personal wurde dann in einer zweiten Welle an Bord des Kontaktes verbracht und an den entsprechenden Positionen zur Überwachung und Kontrolle eingesetzt. Geradezu revolutionär war der Einsatz von Reserveoffizieren als ECLO, den Embargo Controll Liasion Officer. Dabei handelte es sich zumeist um ehemalige Zivilkapitäne, die sich mit der Papierlage von Frachtschiffen auskannten und somit die Teams unterstützen. Eine Initiative, die von den Kampfschwimmer initiiert wurde und aufgrund der Wissenslücke in diesem Bereich auch schnell Zustimmung und Umsetzung fand. Die Fähigkeit Boarding gaben die Kampfschwimmer gegen Mitte der 1990er Jahre an die Soldaten der Marinesicherung weiter, die den Auftrag später in Gänze übernahmen. „Um für diese Aufgabe gewappnet zu sein, wurde 2003 die Boardingkompanie der SEK M aufgestellt.“ (Norman Bronch, Ausbildung der Boardingsicherungssoldaten, Marine Forum 5-2012)
Ende März 1994 sollte, aufgrund des Beschlusses vom Bundeskabinett vom Dezember 1993, der seit Juli 1993 laufende Heereseinsatzes in Somalia beendet werden. Nach Einschätzung der Gefährdungslage wurde entschieden, dass die Evakuierung der Heeressoldaten per Luft abzulehnen sei. Dieser Auftrag musste somit von der Marine übernommen werden. Auch hier zeigte sich, dass die Marine über keine spezialisierten Soldaten zum Schutz von Schiffen verfügten. Also wurden die Kampfschwimmer eingesetzt, die zu diesem Zeitpunkt mit Speedbooten über die nötige Mobilität zum Schutz sowie mit viel Bedacht trainierten Scharfschützen über voll ausgebildete Counter Sniper – Scharfschützen, die gegen Scharfschützen operieren – verfügten. Ihr Auftrag: Schutz des Verbandes und Schutz von wichtigen Einzelpersonen vor (terroristischen) Angriffen. Die Evakuierung des Kontingentes per Seetransport erfolgte über den Hafen von Mogadischu. Die letzten Soldaten die Somalia verließen waren die eingeschifften Kampfschwimmer. 1994 waren alle Soldaten der Kompanie vollzählig im Einsatz gewesen.
Die Evakuierung deutscher Staatsbürger während des Völkermordes in Ruanda 1994 durch belgische Fallschirmjäger, ebenso die Evakuierung von 104 Botschaftsangehörigen und Zivilisten verschiedener Nationen am 14. März 1997 aus Tirana der Hauptstadt von Albanien, zeigten einen Mangel im Bereich der Rettung und Evakuierung deutscher Staatsbürger. Der Aufbau der Spezialkräfte des Heeres war das Kommando Spezialkräfte unter anderem eine der nötigen Reaktionen auf das grundsätzlich neue Aufgabenspektrum der Bundeswehr.
Die deutschen Streitkräfte befanden sich an einem Wendepunkt. Sie mussten sich von der Landesverteidigungs- zur internationalen Einsatzarmee entwickeln. Gerade Anfang der 1990er war die Kompanie durch Einbindung in Kontingente und lange Stehzeiten aufgrund der Größe der Einheit oder stellenweise der Einsatz als „911- Truppe“ für besondere Fälle eine große Herausforderung. Mangelndes Wissen um den Einsatz und die Einsatzverfahren von Spezialeinheiten, verbunden mit mangelndem Material, Verbringungsmitteln und Einsatzvoraussetzungen, brachten die Soldaten an den Rand der Leistungsfähigkeit. Die Umwandlung hin zur Einsatzarmee und der damit verbundene Lernprozess waren folgenschwer für die Kompanie.
Im Zuge des, innerhalb der Bundeswehr als „Friedensdividende“ bezeichneten Prozesses, verlor man das Interesse an dem offensiven Seekriegsmittel Kampfschwimmer. Ideen, die Kampfschwimmer der ehemaligen NVA zu integrieren, die Einheiten zusammenzuschließen (Da gerade die Fähigkeit zur Verbringung, in der NVA stark ausgeprägt war, und bis heute begehrt ist), oder zu einem maritimen Evakuierungsverband zusammenzuschließen, wurden schon im Keim erstickt.
Die „Friedensdividende“ führte in der Kompanie zu Einbußen. Die reduzierte Übernahme von Soldaten in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten führten zur Reduzierung der Einsatzkräfte auf fast 50 Prozent. Dies war so massiv, dass bis heute deutlich die Auswirkungen gerade im Bereich Soldaten mit Dienstgrad des Stabs- und Oberstabsbootsmanns zu sehen ist. Gliederung, Umfang und Ausstattung sowie die fehlende Unterstützungselemente reduzierten diese bis dato einmalige Fähigkeit der deutschen Streitkräfte auf ein Minimum.
Der Transformationsprozess der BUNDESWEHR in den 1990ern spiegelte sich auch in ihrem Auftrag wieder. Im Wortlaut:
„Durchführung von Einsätzen gegen gegnerische Hafen-, Küstenanlagen und schwimmende Einheiten;
Aufklären von gegnerischen Häfen, Küstenanlagen, Stränden und Reeden;
Lokalisieren, identifizieren und kennzeichnen bzw. sprengen von Unterwasserhindernissen;
Mitwirken bei der seeseitigen Absicherung von Hafenanlagen und schwimmenden Einheiten;
Mitwirken bei EOD/EOR- Einsätzen;
Erkunden und vermessen von Strand und Vorstrand.“
Infolge der Auflösung des Seebataillons im Oktober 1991 ist die Kampfschwimmerkompanie die einzige Kampfeinheit der Bundeswehr, die über amphibische Kenntnisse verfügt. Um dem nun defensiv orientierten Auftragsspektrum gerecht zu werden, trainierten die Kampfschwimmer vermehrt seegestützte Combat Search and Rescue (CSAR) Einsätze für Notfälle bei NATO- oder UN-Einsätzen.
Der damaligen SFOR Einsatz gilt als ein Beispiel, bei dem die Bundeswehr Tornados über den Staatsgebiet des ehemaligen Jugoslawiens zur Überwachung einsetzten. Bei einem möglichen Absturz hätten die Kampfschwimmer Unterstützung leisten können. Durch diese Einsatzmöglichkeit befähigen sie die Marine mit ihren Luftfahrzeugen und Schwimmenden Einheiten als einzige Teilstreitkraft, derartige Operationen eigenständig durchzuführen. Ebenfalls wurde die EOD-Fähigkeit/Kampfmittelbeseitigung gefördert. So stellte die Kompanie mehrfach Einzelpersonal (Feuerwerker) für Einsätze auf dem Balkan ab. Der Kampfschwimmer wurde „zu einem wichtigen Bindeglied, das zwischen hoch spezialisierten Geräten und deren Personal, als Ergänzung oder als eigenständiges Seekriegsmittel einsetzbar ist“. (Thorsten Mathesius, Die Kampfschwimmer, Zeitgerechte Antwort auf neue Herausforderung, Marine Forum 11-1992)